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1. Mai-Rede von Mathias Schwang
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- Geschrieben von Schinderhannes
- Hauptkategorie: Historische Beiträge
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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Heute feiern wir einen denkwürdigen 1. Mai. Erstmals in der Geschichte dieses Staates sind unter uns Menschen, die zu Nummern wurden. 5 Mio. Menschen bundesweit. 5 Mio. Menschen, die Anfang des Jahres zu Nummern deklassiert wurden, die durch einige wenige entmündigt wurden und denen die Würde genommen worden ist.
Entmündigt, weil sie nicht mehr die Freizügigkeit des Grundgesetzes genießen dürfen.
Wohnortwechsel sind ihnen nicht mehr gestattet, ihre Wohnung sollen sie nach Willen der Behörden verlassen, weil das nicht in das Konzept von Hartz IV passt.
Eine freie Berufswahl wird uns praktisch unmöglich gemacht. Wir müssen jede Arbeit annehmen und das für einen Hungerlohn und egal ob zumutbar oder nicht.
Man nahm uns die Würde, weil man uns, den Arbeitslosen, selbst die Schuld an unserer Situation gibt und weil man uns der Mitnahmementalität bezichtigt.
Wir werden zu einem Leben unter der Armutsgrenze gezwungen, weil man glaubt uns so zu fördern. Ständig werden wir hier untern getreten, weil die da oben hilflos sind und weil nicht eine einzige ihrer Reformen Wirkung zeigt. Deshalb kommt jetzt neben der seelischen Not der Arbeitslosigkeit auch noch die Materielle Not.
Dagegen haben wir gekämpft und werden es weiterhin tun.
Und die Spitze des ganzen! Hessens Justizminister Dr. Wagner will uns Langzeitarbeitslosen elektronische Fußfesseln anlegen, damit wir "die Chance zur Rückkehr zu einem geregeltem Tagesablauf haben und in ein geregeltes Arbeitsverhältnis vermittelt werden können."
Kolleginnen und Kollegen, ich frage mich, ich frage euch, was sollen wir uns noch alles gefallen lassen? Das, was Herr Wagner gesagt hat, ist eine bodenlose Frechheit. Es ist menschenverachtend, diskriminierend und volksverhetzend.
Das Kolleginnen und Kollegen, das werden wir nicht hinnehmen.
Das haben wir nicht mehr hingenommen. Wir haben am Freitag Strafanzeige gegen Herrn Wagner gestellt.
Das Maß ist voll! Nicht mehr mit uns! Das reicht!
Niemand kommt an uns, dem Volk vorbei. Niemand darf ungestraft auch nur Teile des Volkes beleidigen.
Und ich betone nochmals Niemand!
Denn das Volk sind auch wir, die 5 Mio. arbeitslosen Menschen, und nicht nur die 10% Reichen, die das meiste Kapital in diesem Land besitzen.
Kolleginnen und Kollegen Wir sind das Volk ist aber kein abstrakter Begriff. Er entspricht unserem Bewusstsein, dass unsere friedlichen Proteste auf Freiheit und wirtschaftlichen Wohlstand zielen. Also ein Leben oberhalb der Armutsgrenze und ein Leben mit Würde.
Man hat uns die unsere bürgerlichen Rechte aberkannt und damit unsere wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Anspruchsrechte des Rechtsstaates verweigert. Dagegen haben sich unsere Proteste gerichtet aber auch gegen die Gefahren, die den noch erwerbstätigen drohen. Mit der Agenda 2010 ist dem Kapital Tür und Tor geöffnet worden, Lohndumping durchzusetzen.
Dagegen liebe Kolleginnen und Kollegen müssen wir gemeinsam kämpfen!
Immer wieder haben die Unternehmen von ihrem Verbündeten, dem Staat, verlangt etwas für sie zu tun: Unternehmenssteuer zu senken, Kündigungsschutz auszuhebeln, Sozialleistungen zu senken und zu guter letzt haben die Schuld für ihr Versagen auf uns abgewälzt - auf uns, die wir sowie so schon am Ende der Gesellschaft leben.
Auch dagegen müssen wir uns weiter wehren.
Und haben sie Ihre versprechen gehalten? Und Arbeitsplätze geschaffen? Nein, das ist auch nicht gewollt. Die Unternehmensgewinne steigen und weitere Entlassungen drohen. Kolleginnen und Kollegen dagegen müssen wir uns mit alle Vehemenz weiter wehren. !!
Da nützt jetzt auch die Kapitalismusdebatte nichts mehr, vor allem, da sie von jenen in Gang gesetzt worden ist, die Hartz IV und die Agenda 2010 ins Leben gerufen haben. Euch glaubt doch keiner mehr. Ihr habt doch die Heuschrecken selber gerufen, die jetzt den Sozialstaat abfressen und zerstören.
Kolleginnen und Kollegen, die rot grüne Koalition glaubt und hofft, dass der zivile Protest erlahmt und die Konjunktur belebt wird. Aber das wir wohl nach den letzten Prognosen nicht der Fall sein. Aber wenn ja, wird sie Jubelgesänge anstimmen und dann liebe Kolleginnen und Kollegen wird sie ein Zusammenhang zwischen der Agenda 2010 und dem Aufschwung herstellen.
Solche Zusammenhänge entsprechen aber jener Logik, die zwei gleichzeitig aufeinander treffender Ereignisse entsprechen, nämlich die Ankunft der Störche im Mai und Juni und die überdurchschnittliche Häufigkeit der Geburten in diesen Monaten und dann glaubt man der Klapperstorch bringt die Kinder.
Ich hoffe es wird genug aufgeklärte Menschen geben, die diese Behauptung als logischen Fehlschluss entlarven.
Aber viel wichtiger ist, dass wir alle und ich meine nicht nur die Erwerbslosen sondern auch die Erwerbstätigen, dass wir alle wieder den aufrechten Gang lernen müssen. Wir Arbeitslose müssen ständig unseren Politikern und Mitmenschen vor Augen führen, wie ernst die Lage der Betroffenen ist. Sie immer wieder darauf stoßen, was sie mit dieser Unsozialen Gesetzgebung verursacht haben. Ihr die Erwerbstätigen müssen immer wieder auf die drohende Gefahr des Lohndumpings hinweisen.
Die von denen immer nur gefordert wird, müssen die versprochene Förderung einklagen.
Ich rufe auch die Mitarbeiter der Kommunen, Behörden und ARGEs auf, mehr Zivilcourage zu zeigen und den aufrechten Gang zu üben. Lasst die Fehler und falschen Entscheidungen nicht auf euch sitzen. Dazu habt ihr das Recht. Ihr habt das Recht, auf die Folgen politischer Fahrlässigkeit, mangelnde Sensibilität und fehlerhaften Entscheidungen hinzuweisen.
Ihr habt die Möglichkeit euren Dienst nach Vorschrift zu tun. Ihr könnt widersinnige Anweisungen unterlaufen. Lasst euch nicht den schwarzen Peter unterschieben, so wie sie das mit uns gemacht haben.
Lasst euch nicht einreden, die hohe Arbeitslosigkeit sei nur ein Vermittlungsproblem und somit Euer Fehler.
Wir müssen alle gemeinsam gegen diesen Sozialabbau kämpfen. Wir, die Erwerbslosen und die Erwerbstätigen müssen dem drohenden sozialen Unfrieden entgegentreten. Dann werden wir nicht mehr als Nummern behandelt und dann sind wir wieder Menschen mit würde.
Lasst uns damit anfangen jetzt, hier und heute.