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Hartz IV: Wer missbraucht wen?
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- Geschrieben von Schinderhannes
- Hauptkategorie: Historische Beiträge
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Die Realität, wie sie die Berater von der Erwerbslosen-Initiative Peine in der täglichen Praxis erleben, sieht zumindest hinsichtlich der Kosten rund um die Unterkunft ganz anders aus.
Tatsächlich werden den Leistungsempfängern häufig Leistungen durch den Landkreis Peine, welcher sich neuerdings "Kommune für Arbeit" nennt, verweigert, obwohl ihnen diese rechtlich zustehen. Wird zum Beispiel ein Umzug erforderlich und genehmigt, weil der Landkreis Peine dazu schriftlich aufgefordert hat ..., entstehen nicht unerhebliche Kosten für die Leistungsempfänger, die durch den Regelsatz nicht gedeckt sind. Daher sind alle durch einen erforderlichen Umzug ausgelösten Kosten (Doppelmieten, Umzugskosten, Schönheitsreparaturen, notwendige Neuanschaffungen, Nachsendeanträge, Telefonummeldung, Kaution, Courtage etc.) durch die zuständige Behörde gemäß § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II zu übernehmen (vgl. nebenstehende Gerichtsentscheidungen). Im Gegensatz dazu übernimmt die ARGE lediglich die Transportkosten des Hausrats, nicht aber die Kosten für erforderliche neue Möbel, für den Nachsendeantrag, die Telefonummeldung, die Schönheitsreparaturen, Kindersicherungen etc. Auch die Praxis der ARGE, Mietkautionen lediglich als sofort rückzahlbares Darlehen zu gewähren (mit monatlich 10 % des Regelsatzes), findet im Gesetz nach Auffassung von MHM keine Grundlage. Richtigerweise müsste die ARGE sich den Rückzahlungsanspruch gegen den Vermieter vom Leistungsempfänger lediglich abtreten lassen, ohne dass das Darlehen bereits im laufenden Mietverhältnis zurück gezahlt werden muss. Entgegen zahlreichen Urteilen gewährt der Landkreis Peine, Menschen, die in einer ,reinen' Wohngemeinschaft leben, weiterhin die maximale Unterkunftskosten (inklusive Betriebs- und Heizkosten) monatlich, während sonstigen Alleinstehenden immerhin magere 318 EUR zuzüglich Heizkosten zugestanden werden.
Diese rechtswidrige Praxis ist sogar in der maßgeblichen Dienstanweisung an die ARGE-Mitarbeiter fixiert. Das rigide Vorgehen der ARGE in Sachen Unterkunftskosten hat Methode. So konnten,neben den ohnehin geplanten Einsparungen durch Hartz IV, im Landkreis Peine erhebliche Kosten der Unterkunft eingesaprt werden. Offen bleibt, wieviel dieser Gelder aufgrund unrechtmäßiger Leistungsverweigerungen und -kürzungen eingespart worden sind.
Urteile für das Wohnen unter Hartz IV
Keine WG-Benachteiligung
Bei einer .reinen' Wohngemeinschaft mit zwei Personen hat jeder Mieter Anspruch auf die Mietobergrenze für einen Ein-Personenhaushalt. Auch kann für eine aus zwei Personen bestehende WG nicht ohne Weiteres die für einen Zwei-Personenhaushalt als Bedarfsgemeinschaft angemessene Wohnungsgröße zugrunde gelegt werden. Die Ungleichbehandlung gegenüber einer Bedarfsgemeinschaft ist gerechtfertigt, da unterschiedliche Lebens- und Wohnverhältnisse vorliegen. Während bei einer reinen Wohngemeinschaft die einzelnen Mitglieder für sich, räumlich getrennt voneinander, leben, wenn sie auch - in unterschiedlichem Umfang - Räume gemeinschaftlich nutzen mögen, kennzeichnet eine Bedarfsgemeinschaft persönliche und damit auch räumliche Nähe (redensartlich: Teilen von Tisch und Bett).
Landessozialgericht (LSG) Nds. -Bremen Beschlüsse vom
- 17.03.06, L8AS 245/05 ER
- 23.03.06, L6AS96/06 ER
- 13.04.2006, L9AS 131/06 AR
Auszug junger Menschen unter 25 Jahre! Seit dem 1. April 2006 erhalten bedürftige Personen unter 25 Jahren nur noch
dann Leistungen für die Unterkunft, wenn sie vor dem Abschluss des Mietvertrags eine entsprechende Zusicherung durch die ARGE wegen schwerwiegenden sozialen Gründen erhalten haben. Es würde die Anforderungen an eine Glaubhaftmachung dieser Gründe überspannen, wenn man nur handfeste Beweise in Form von tätlichen Auseinandersetzungen bis hin zu Polizeieinsätzen gelten ließe. Die Anforderungen an den Schweregrad der Beziehungsstörungen dürfen ebenfalls nicht überzogen werden.
Landessozialgericht Hamburg Beschluss vom 02.05.06 L 5B 160/06 ER AS
Umzugskosten und -schaden
Wenn bei einem notwendigen Umzug von Leistungsempfängern ein Bett oder ein Kleiderschrank unbrauchbar werden, so besteht ein Anspruch auf Ersatzbeschaffung durch die ARGE als Umzugskosten gemäß § 22 III 2 5GB II. Umzugkosten im Sinne dieser Vorschrift sind nicht lediglich die Kosten des Tranports von Möbeln und Hausrat von der einen in die andere Wohnung, sondern alle mit und wegen des Umzugs anfallenden Kosten.
LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 21.02.06 L 9B 37/06 AS
Maklerkosten
Wenn die Behörde den Antragsteller über die diesem zustehenden Ansprüche auf Übernahme von Wohnungsbeschaffungskosten (hier die Kosten für einen Makler) einerseits fehlerhaft belehrt, so darf sie ihm andererseits nicht entgegenhalten, er habe sich um die Senkung seiner Unterkunftskosten nicht ausreichend bemüht. Außerdem ist nicht auszuschließen, dass es dem Antragsteller unter
Einschaltung eines Maklers gelungen wäre, seine Unterkunftskosten zu senken. Dem Antragsteller ist bei seinem Bemühen um Kostensenkung ein nennenswerter Ausschnitt des örtlichen Wohnungsmarktes durch das rechtsfehlerhafte Zutun der Antragsgegnerin verschlossen geblieben. Wie allgemein anerkannt ist, sind Maklergebühren den Wohnungsbeschaffungskosten im Sinne des § 22 III 3 SGB II zuzuordnen und - unter der Voraussetzung der Angemessenheit einer über einen Makler beschafften Wohnung - auch erstattungsfähig.
Sozialgericht Frankfurt Beschluss vom 31.03.2006 S 48 AS 123/06 ER