Laut PAZ vom 20.10.2012 hat der Landkreis die Zahl der Sanktionen im 1. Halbjahr 2012 gegenüber dem 1. Halbjahr 2011 um exorbitante 67 % auf 1105 gesteigert.
Nachdem der Sprecher des Landkreis Peine, Henrik Kühn, im PAZ-Artikel das "Fördern und Fordern"-Märchen heruntergeleiert hat, vermeldet der Leiter des Peiner Jobcenters, Dirk Sommer, freudig, der Landkreis sei inzwischen personell so ausgestattet, dass es zeitlich möglich sei, Sanktionen zu verhängen.
Damit meinte er wohl die Sanktionsflut an sich, denn Sanktionen gab es ja auch früher schon mehr als genug.
Man kann nur spekulieren, wieviel Zeit die Sachbearbeiter des Landkreises mit der Verfolgungsbetreuung ihrer sogenannten Kunden verbringen.
Die Vermittlung in den 1. Arbeitsmarkt zählt ja nicht gerade zu den Stärken des Jobcenters.
Laut eigenen Statistiken des Landkreises Peine haben im 1. Halbjahr 2012 gerade mal 458 Erwerbslose im 1. Arbeitsmarkt einen Job gefunden. Wieviele dieser Vermittlungen auf Angeboten des Landkreises beruhen, ist der Statistik nicht zu entnehmen.
Da von den Erwerbslosen erwartet wird, dass sie sich den Job in erster Linie selber suchen, kann man wohl davon ausgehen, dass der Anteil des Jobcenters eher gering ausfällt. Ansonsten wäre die Zahl bestimmt extra ausgewiesen.
Weitere 1017 Erwerbslose haben in diesem Zeitraum eine Ausbildung angetreten.
Die große Mehrheit, 2443 Erwerbslosen sind dagegen aus der Statistik verschwunden, u.a. weil sie sanktioniert wurden.
Aber irgendwas müssen diese Sachbearbeiter ja den lieben langen Tag machen, wenn sie nicht gerade nutzlose Maßnahmen wie (zuweilen mehrfache) Bewerbungstrainings und andere Beschäftigungsmassnahmen organisieren, die nicht selten die Intelligenz ihrer „Kunden“ beleidigen - und möglicherweise gerade darauf angelegt sind, sanktionsreifen Widerstand zu provozieren?
Angesichts der Zahl von 750 sogenannten Meldeversäumnissen stellt sich die Frage, ob die Steigerung auf einer massiv erhöhten Anzahl der Gesprächsvorladungen - Einladung ist in diesem Zusammenhang purer Euphemismus - zurückzuführen ist.
Wenn ja, war diese Steigerung sachlich gerechtfertigt oder schikanös ?
Und wurden die Vorgeladenen überhaupt zeitig informiert ?
Interessant wäre eine genauere Aufschlüsselung der Sanktionsgründe für Nicht-Meldeversäumnisse , um mal zu sehen, wegen welchen Lappalien das Leben der Betroffenen ruiniert wird.
Vielleicht nur 9 von 10 Bewerbungen geschrieben ?
Wenn man davon ausgeht, dass der Regelsatz gerade einmal das absolut Lebensnotwendige abdeckt, ist jede Kürzung ein Verstoß gegen das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit und daher abzulehnen.
Mit dem Hartz-IV-Sanktionsregime hat die BRD eindeutig den Bereich der Rechtsstaatlichkeit verlassen.
Für Meldeveräumnisse wird der Regelsatz für einen Monat um 10% gekürzt, was für die Betroffenen eine erhebliche Belastung bedeutet.
Alle anderen "Versäumnisse" haben dagegen eine 30 bis 100%-ige Kürzung des Regelsatzes für volle 3 Monate zur Folge, die sowohl der Höhe als auch der Dauer nach existenzgefährdend und eklatant unverhältnismäßig ist.
Zudem läuft die Sanktionierung bei Mehr-Personen-Bedarfsgemeinschaften auf Sippenhaftung hinaus.
Zur Leistung der PAZ ist zu sagen:
Die reißerische Aufmachung auf der PAZ-Titelseite nebst affirmativer Zustimmung "Jobcenter greift konsequent durch“ hat durchaus BILD-Niveau..
Der PAZ-Artikel im Innenteil ist pure Hofberichterstattung, die unkritisch alle Angaben des Landkreises übernimmt und jedwede Distanz vermissen läßt.
Eine bezahlte Anzeige des Jobcenters Peine hätte für dieses nicht schmeichelhafter ausfallen können.