Wöchentliche Treffen

Wir treffen uns jeden Dienstag ab 18 Uhr bei KISS in der Bodenstedtstr. 11!

Die gesetzliche Umsetzung des sogenannten Hartz IV - Kompromisses durch den Bundestag und die Zustimmung des Bundesrates hierzu markiert einen weiteren Schritt zur Verarmung  der Betroffenen.

Die Erhöhung des Regelsatzes für Erwachsene um 5 Euro auf 364 Euro zum 1.1.2011 entspricht einem Zuwachs um gerade einmal 1,4 Prozent. Laut Statistischem Bundesamt sind die Verbraucherpreise im Januar 2011 im Vergleich zu Januar 2010 um 2 Prozent gestiegen. Bei Strom, der bekanntlich aus dem Regelsatz zu finanzieren ist, betrug der Anstieg sogar 7,2%. Nahrungsmittel stiegen immerhin um 2,8 %. Die lächerlichen 5 Euro reichen also nicht mal aus, den allgemeinen Preisanstieg auszugleichen. Der Preisanstieg bei den Posten Strom und Nahrungsmittel wird erst recht nicht kompensiert. Die nominelle Erhöhung ist also eine reale Kürzung !

 

 

 

Die Hartz-IV-Parteien bleiben auch in diesem Jahr ihrem Grundsatz treu, den Betroffenen keinen Inflationsausgleich zu gewähren. Selbst nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes ergibt sich für die Zeit von Januar 2005 (Hartz-IV-Einführung) bis Januar 2011 ein allgemeiner Preisanstieg in Höhe von 11 Prozent. Bei vollem Inflationsausgleich müßte der Regelsatz also 382,95 Euro betragen. Die 364 Euro gleichen aber nur eine Inflation von 5,5 Prozent aus. 50 % der Inflation wurden also nicht ausgeglichen, die Betroffenen somit auch langfristig zusätzlich verarmt.

Die zusätzliche Erhöhung um 3 Euro zum 1.1.2012 steht zwar auf dem auf dem Papier, läßt der Regierung aber genug Spielraum, durch statistische Tricks die Erhöhung auf diesen Betrag zu begrenzen.

Und in Sachen statistischer Trickserei sind die Hartz-IV-Parteien ja sowieso erprobt.

Von 'Rot'-Grün bis 2005,über 'Rot'-Schwarz bis 2009 und Schwarz-Gelb seither. Die Berechnung des Regelsatzes 2005 wurde bekanntlich vom Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 9.Februar 2010 wegen empirisch nicht belegten Kürzungen für verfassungswidrig erklärt.

Die Berechnung der jetzigen Bundesregierung ist offenbar genauso willkürlich wie die der Schröder-Regierung:

  • die Vergleichsgruppe wurde willkürlich verringert. Statt 20% der ärmsten Einzel-Haushalte, die keine SGB II und SBG XII-Leistungen beziehen, werden nur noch die ärmsten 15 % herangezogen. Folglich sinkt das Durchschnittseinkommen erheblich.
  • Verdeckte Arme, also Menschen, die einen Anspruch auf SGB II bzw. SGB XII haben, aber nicht geltend machen,wurden nicht ausgeschlossen.
  • SGB II -Aufstocker wurden nicht aus der Referenzgruppe entfernt.

Zu einem erheblichen Teil dürften also Personen in der Referenzgruppe enthalten sein, die selbst SGB II oder SGB XII beziehen bzw. einen Anspruch auf Bezug haben. Es ist statistischer Unfug, wenn sich die Referenzgruppe derart stark mit der Bezugsgruppe überschneidet.

Zu Krönung der ganzen Farce werden erhebliche Teile der Ausgaben dieser Referenzgruppe als "nicht regelsatzrelevant" deklariert und zumeist ersatzlos gestrichen.

 

Die gezielte Auswahl einer schon verarmten Referenzgruppe führt dann logischerweise zu völlig unzureichenden Bedarfen, die eine Teilhabe am sozialen Leben wirkungsvoll ausschließen:

  • Internet-/Onlinedienste 2,28 Euro Selbst bei einem Volumen-Tarif zu 4 Cent je MB recht das Geld gerade mal für 58 MB Traffic. Das reicht eventuell, für Text-Emails und textbasierte Browser, ist aber keinesfalls zeitgemäß.
  • Bildungsbedarf 1,39 Euro: Dafür kann man mit etwas Glück einmal im Quartal eine monatlich erscheinende Fachszeitschrift kaufen. Oder alle 2 Jahre mal ein Fachbuch. Einfach erbärmlich. Bildung ist hier offensichtlich nicht erwünscht.
  • Öffentlicher Personennahverkehr 18,41 Euro. Dafür gibt es nirgendwo eine Monatskarte. Im Verbundtarif Region Braunschweig Preisstufe 1 reicht es nicht einmal ganz zu einer 10-Karte (18,50 Euro). Die fehlenden 9 Cent mal ignoriert könnte man damit einmal die Woche in die Stadt fahren und in einer Woche sogar zweimal. Aber Erwerbslose sollen ja soo mobil sein.

Ob die Referenzgruppe mit dem Geld sozial am Leben teilnehmen kann, hat offenbar keine Rolle gespielt.

Ob sich die Referenzgruppe gesund ernähren kann, wurde nicht geprüft. Nach Berechnungen von Rainer Roth fehlen mindestens 80 Euro für eine gesunde Ernährung. Ist Frühableben von der Bundesregierung gewollt ?

 

Noch übler stellt sich die Lage für Kinder dar. Sie bekommen gar keine Regelsatzerhöhung.  Aufgrund abenteuerlicher Berechnungen ist die Bunderregierung nämlich zu Erkenntnis gelangt, dass sie heute schon zuviel bekommen ! Dies ist umso bemerkenswerter, als die Daten des Statistischen Bundesamtes die Verbrauchsausgaben der Kinder gar nicht getrennt ausweisen. Eine Realitätsprüfung der ermittelten Zahlen bleibt die Bundesregierung wie bei den Erwachsenen schuldig.

Das kostenlose Schulmittagessen wird groß herausgestrichen, aber für den Fall, dass die jeweilige Schule kein Mittagessen anbietet, wird keinerlei Ausgleich in Geld gewährt - Pech gehabt ? Uns was passiert in den Schulferien ?

Mit den zusätzlichen 10 Euro für Sport,Spiel und Kultur werden die betroffenen Kinder nicht weit kommen. Speziell die von der Bundesregierung angesprochene Musikschulbesuch ist vollkommen illusorisch, weil der Betrag nicht mal für die Leihe eines Instruments reicht.

Die Lernförderung, sprich Nachhilfeunterricht, ist an eine gefährdete Versetzung gekoppelt. Gleiche Bildungschancen ? Pustekuchen!

Die im Hartz-IV-Kompromiß festgeschriebene Nichtgewährung des soziokulturellen Existenzminimums ist kein Irrtum der Politiker, sondern eine vorsätzliche Entscheidung, die ganz und gar kompatibel zur Zielsetzung von Hartz IV ist.

Unmittelbare Zielsetzung dieses Machwerks ist es , die zu "normalen" Arbeitsbedingungen nicht mehr rentabel verwertbaren Erwerbslosen in einen riesigen Niedriglohnsektor abzudrängen, wo mittels nicht existenzsichernder Löhne doch noch ein Profit mit ihrer Arbeitskraft zu erzielen ist.

Mittelbar bewirkt dieser Niedriglohnsektor in Verbindung mit der bekannten Hartz IV Verfolgungsbetreuung eine Lähmung der Gegenwehr der Normalarbeiter/innen gegen die laufende Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen und Entwertung ihrer Löhne durch Tarifabschlüsse unter Inflationsniveau.

Für die Konkurenzfähigkeit des "Wirtschaftsstandortes Deutschland" ist die allgemeine Absenkung der Arbeitskosten ein erheblicher Vorteil und wird daher von allen etablierten Parteien konsequent durchgesetzt.

Die Hartz IV-Betroffenen und ihre Kinder sind also die Kollateralschäden der deutschen Exportweltmeisterei. Ebenso die Bezieher von SGB XII-Leistungen, welche nicht mehr bekommen dürfen, weil der SGB II-Regelsatz  sonst auch erhöht werden müßte.

Mal sehen, ob die Klagen gegen den neuen Regelsatz auch wieder 5 Jahre zum höchstrichterlichen Urteil in den Warteschleifen des deutschen Justizsystems liegen bleiben. Auch eine Form von Rechtsverweigerung - vom letzten Urteil ganz zu schweigen.

 

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